Samstag, 29. August 2020

Story Friday 35

Seid gegrüßt,

heute mal mit nur einen Tag Verspätung, der neue Story Friday.
Diese Geschichte habe ich vor sehr vielen Jahren als Jugendlicher geträumt und sie später als Erwachsener nieder geschrieben, anhand von Notizen die ich gemacht hatte.
Manchmal, nach intensiven Träumen, mache ich mir immer noch Notizen und schreibe sie als Geschichte nieder.
Elemente in Träumen spiegeln sich aus real gesehenen oder erlebten Dingen ab.
So auch bei mir.




Das Haus des Vergessens


Langsam öffne ich meine Augen. Es ist kalt und es beginnt zu dämmern. Ich befinde mich in einem Wald. Die Bäume stehen sehr dicht beieinander. Meine Sicht ist sehr beschränkt. Es wird beängstigend schnell dunkel. Ein Regentropfen trifft mein Gesicht und es wird langsam immer kälter. In unmittelbarer Nähe höre ich es donnern und grollen. Da sehe ich einen schwachen Lichtschimmer zwischen den Bäumen. Schnell bewege ich mich in Richtung des Lichtes. Inzwischen ist es beinahe ganz dunkel und der Regen stärker geworden. Plötzlich erhellt ein Blitzschlag die Nacht. Für eine Sekunde erkenne ich den Umriss eines Hauses. Ich erstarre. Es hat das Aussehen eines alten englischen Adelshauses. Schnell öffne ich die Tür und trete ein. In diesem Moment öffnet der Himmel alle seine Schleusen. Das Unwetter bricht jetzt ganz los. Die Tür fällt hinter mir zu. Kerzen und Öllampen erhellen den Vorraum. Als Erstes fällt mir das Portrait neben der großen Treppe auf. Es zeigt eine junge Frau in einem Adelsgewand. Eine mit Edelsteinen besetzte Kette ziert ihren Hals. In ihrer rechten Hand hält sie eine Rose. Für einen Moment habe ich das Gefühl, dass sie mich anlächelt. Schnell wende ich mich ab und hole tief Luft. Es wird immer unheimlicher.
Ich begebe mich in den Nebenraum. Es ist ein großer Tafelraum. Ein langer Tisch steht in der Mitte. Auf ihm stehen zwei Kerzenleuchter mit je fünf brennenden Kerzen. Antike Möbel verleihen dem Raum einen nostalgischen Eindruck. Überall ist eine dicke Staubschicht. Doch das kann doch nicht sein. Wer hatte all die Kerzen und Lampen angezündet? Auch im Staub sind keine Spuren zu sehen. Außer den meinen. Ich verlasse den Raum und schaue mich weiter um.
Die anderen Räume sind mehr oder weniger Wohnzimmer, ausgestattet mit Bücherregalen und anderen Möbelstücken. Auch dort ist überall Licht und Staub. Ohne Spuren. Draußen knallt das Gewitter erneut. Und so gehe ich die große Treppe nach oben. An der Wand hängen Waffen. Degen, Dolche und Duellpistolen. Ich begebe mich in den ersten Raum zu meiner Linken. Als ich die Tür geöffnet habe fühle ich einen kalten Lufthauch. Langsam trete ich ein. Das Erste, was ich sehe ist ein Bett. Dann den Kosmetiktisch mit dem großen Spiegel. Davor sitzt jemand. Jetzt bemerke ich, dass in diesem Raum kein Staub ist. Die Person auf dem Stuhl steht auf und dreht sich um. Meine Augen weiten sich. Es ist die Frau von dem Bild. Sie lächelt. Ich bringe kein Wort über meine Lippen, bin wie erstarrt. In ihrer rechten Hand sehe ich eine Rose. Langsam kommt sie auf mich zu. Ich möchte zurückweichen, doch ich bin wie gelähmt.
Dann hat sie mich erreicht und schaut mich an. Ein Blitz erhellt zusätzlich kurz den Raum. Für einen Moment scheine ich durch sie hindurch schauen zu können. Doch das ist bei diesen Lichtverhältnissen sicher eine Täuschung. Sie hebt die Hand mit der Rose und hält sie mir hin. Ich zögere. Ich weiß nicht was ich tun soll. Sie schaut mich mit ihren himmelblauen Augen an. Irgendwie erkenne ich dort Trauer. Ich nehme die Rose. Dabei schaue ich ihr tief in die Augen. Die Traurigkeit ist verschwunden. Die Traurigkeit ist der Freude gewichen. Plötzlich fängt die Frau an zu leuchten. Ein fast überirdischer Glanz umhüllt sie. Es ist unbeschreiblich. Da beginnt sie durchsichtig zu werden. Mir wird immer kälter und kälter. Ich schrecke zurück und reiße die Hände hoch. Da spüre ich Regen. Das Haus ist weg, ich stehe im tiefsten Wald.
Mit einem Aufschrei schrecke ich hoch. Ein Traum. Es war alles nur ein Traum. Tief Luft holend mache ich die Nachttischlampe an. Ich erstarre. Langsam lasse ich meine Hand über meine Bettdecke gleiten. Bis sie eine Rose fühlt.


Ende
24.09.1997



Habt ein schönes Wochenende.

Euer
Olli


2 Kommentare:

  1. Ich weiß nicht, ob das eben mit meinem Kommentar geklappt hat, deshalb noch einmal:

    Schöne, unheimliche Geschichte, Wyvern.
    Sie würde auch gut (mit dem Bild) in ein Spiel passen ;)
    Beste Grüße,
    Lucia

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    1. Beim ersten Mal nicht, aber beim zweiten Mal. :-)))

      Dankeschön. Das Haus habe ich vor 2 Jahren in der Abenddämmerung in einen kleinen Ferienort nahe der Ostsee fotografiert. Es war verlassen und auch interessant von innen anzusehen.

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Jeder Kommentar ist willkommen, scheut Euch nicht, ich freue mich und beiße auch nicht.:-)

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